Matrizenradius

4.2
Werkzeuggeometrie
Abb. 1
Werkzeuggeometrie für ① Rückstoßzug ② Durchzug
rb Bodenradius rST Stempelradius rM Matrizenradius pN Niederhalterdruck uZ Ziehspalt

Beim Durchlaufen des Ziehkantenradius rM erlebt das Blech tangentialen Druck aufgrund der Verringerung des Durchmessers. Diese Druckspannungen werden von indirekten Zugspannungen überlagert, die durch den Ziehstempel über den Rand in den Umformbereich übertragen werden. Ein überdimensionierter Matrizenradius kann Falten im Material verursachen.

Zudem tritt beim Durchlaufen eine Biegung und Rückbiegung des Bleches auf. Der Ziehkantenradius erzeugt dabei Bereiche mit variierenden Kontaktnormalspannungen.

Ein zu eng gewählter Ziehkantenradius kann den Fluss des Blechmaterials stören, was zu Rissen im Bodenbereich führen kann.

Gl. 1
\require{color}\definecolor{myred}{RGB}{255,0,0} r_{\color{myred}M}=\left(5 … 15\right)\cdot s_{\color{myred}0}=C\cdot s_{\color{myred}0}
MatrizenradiusrM=8mm 
KonstanteC = 8
Blechstärkes0 = 1mm
Ber. 1
Gl. 2
\require{color}\definecolor{myred}{RGB}{255,0,0} r_{\color{myred}M~n}=\left(0,6 … 0,8\right)\cdot r_{\color{myred}Mn-1}=C\cdot r_{\color{myred}M~n-1}
Matrizenradius FolgezügerM n=5,6mm 
KonstanteC = 0,7
Matrizenradius VorzugrM n-1 = 8mm
Ber. 2
*

Laut Oehler* führt ein zu kleiner Ziehkantenhalbmesser zu Bodenreißern. Zu große Matrizenradien erleichtern eine unerwünschte Faltenbildung, wodurch es zu Verklemmungen im Ziehspalt, Faltenverplättungen und zu Zargenrissen kommt.

Gl. 3
\require{color}\definecolor{myred}{RGB}{255,0,0} r_{\color{myred}M}=\frac{0,04\cdot D_{\color{myred}0}}{d_{\color{myred}1}\cdot\beta_{\color{myred}100}}\cdot\left[50+\left(D_{\color{myred}0}-d_{\color{myred}1}\right)\right]\cdot\sqrt{s_{\color{myred}0}}
MatrizenradiusrM=6mm 
Durchmesser Platined0 = 200mm
Durchmesser Stempeld1 = 100mm
Grenzziehverhältnisβ100 = 2
Blechstärkes0 = 1mm
Ber. 3
Matrizenradius nach Oehler

Die empirisch festgelegten Faktoren 0,04 und 50 basieren auf der Erfahrung, dass bei Werkzeugen mit geringen Standmengen die erforderliche Nacharbeit durch Abrieb, Riefen und Aufschweißungen zu einer fortlaufenden Vergrößerung von rM führt.

Hier gilt die Regel: 5 < r/ s< 10 da gemäß Biegeanteil ab r/ s> 5 keine Blechdickenminderung und bei r/ s< 10 kein Abheben des Bleches von der Ziehkante unter Einwirkung tangentialer Stauchspannungen mehr eintritt.

Dies steht oft im Zusammenhang mit zu geringer Niederhalterpressung oder Blechhalter-Auffederung. Durchbiegung von Pressentisch und Spannelementen führt zu Quetschfalten und raschem Werkzeugverschleiß.

Zu große Ziehkantenradien können nicht verkleinern werden. Zu kleine Ziehkantenradien, ob gewollt oder ungewollt, nehmen zu. Eine beabsichtigte Standmengenerhöhung durch Oberflächenbehandlung und Beschichtungsverfahren muss speziell diesen Bereich fehlerfrei erfassen.*

Gl. 4
\require{color}\definecolor{myred}{RGB}{255,0,0} r_{\color{myred}M}=0,035\cdot\left[50+\left(D_{\color{myred}0}-d_{\color{myred}0}\right)\right]\cdot\sqrt{s_{\color{myred}0}}
MatrizenradiusrM=5,25mm 
Durchmesser Platined0 = 200mm
Durchmesser Stempeld1 = 100mm
Blechstärkes0 = 1mm
Ber. 4
Vereinfachung nach Tschätsch et al.**

Zwischen dem optimalem Ziehkantenradius und der Blechdicke besteht ein quadratischer Zusammenhang.* Die Blechdicke beeinflusst dabei maßgeblich die Biegekraft. Zwischen Biegekraft am Ziehkantenradius und Blechdicke besteht ebenfalls ein quadratischer Zusammenhang.

Gl. 5
\require{color}\definecolor{myred}{RGB}{255,0,0} r_{\color{myred}M~opt}=(0,125-0,78\cdot \mu)\cdot R_{\color{myred}P~0,2}\cdot s_{\color{myred}0} {^{\color{myred}2}}
Optimaler ZiehkantenradiusrM opt=1,4mm 
Reibwertμ = 0,15
DehngrenzeRp 0,2 = 175MPa
Blechstärkes0 = 1mm
Ber. 5
Optimaler Ziehkantenradius

Diese Beziehung gilt für:

  • Stahlblech DC04, DC04ZE, ZstE340ZE, ZstE250i, Zst300BH
  • Aluminiumblech AA5182-0, AA6009-T4, AA6016-T4

Mit den Eigenschaften:

  • μ = 0,02 … 0,15
  • s0 = 0,7 … 1,5
  • RP 0,2 = 150 … 350 MPa

Werkstoffkennwerte z.B. aus der Tabelle für Beispielwerkstoffe.

Reibwerte siehe Reibwerttabelle oder Reibung & Tribologie.

Gl. 6
\require{color}\definecolor{myred}{RGB}{255,0,0} r_{\color{myred}M~max}\leq16\cdot s_{\color{myred}0}
Ziehkantenradius AluminiumrM max Alu16mm 
Blechstärkes0 = 1mm
Ber. 6
Matritzenradius nach Haller*

Der maximale Ziehkantenradius für Aluminium wird von Haller* abgeschätzt. Der Ziehradius rM max Alu sollte so groß wie möglich gewählt werden. Dabei zeigt sich, dass ab einem relativen Ziehkantenradius r/ so ≤ 16 der Kraftbedarf nicht mehr signifikant vermindert wird.

Gl. 7
\require{color}\definecolor{myred}{RGB}{255,0,0} r_{\color{myred}M}=\left(0,5 … 0,8\right)\cdot\sqrt{\left(D_{\color{myred}0}-d_{\color{myred}1}\right)\cdot s_{\color{myred}0}}=C\cdot\sqrt{\left(D_{\color{myred}0}-d_{\color{myred}1}\right)\cdot s_{\color{myred}0}}
MatrizenradiusrM=6mm 
KonstanteC = 0,6
Durchmesser Platined0 = 100mm
Durchmesser Stempeld1 = 50mm
Blechstärkes0 = 2mm
Ber. 7
Matritzenradius nach Hellwig**

Die so ermittelten Werte können nach* um 20 % gemindert werden, wenn

  • das Ziehteil einen Flansch behält oder
  • das Ziehverhältnis β1 < 1,4 ist
*
Oehler; KaiserSchnitt-, Stanz- und ZiehwerkzeugeSpringer VerlagBerlin19937. Auflage
*
Radtke, H.Genaue Hohlkörper durch Blechumformenexpert VerlagEsslingen19951. Auflage
*
Tschätsch, H.Praxis der UmformtechnikViewegWiesbaden20037. Auflage
*
Mönig, ElmarTiefziehen rotationssymmetrischer BlechformteileunveröffentlichtBestwig2002
*
Farr, Mathias TilmannZieh- und Stempelkantenradien, IFU Beiträge zur Umformtechnik Nr 31DGM Informationsgesellschaft Verlag
*
Haller, GüntherWerkzeuge für die Fertigung von AluminiumteilenVortrag DIF2002
*
Herold, G.; Kluge, M. EFB-Forschungsbericht Nr. 61: Simulation des Formstempeltiefziehens im WeiterschlagEuropäische Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e. V. Hannover1994
*
Kolbe, M.; Hellwig, W.Spanlose Fertigung StanzenSpringer ViewegWiesbaden201511. Auflage
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